Gelungene Veranstaltung zum Thema "Gute Arbeit - gutes Leben, oder sind wir alle faul?"
Rückblick: Lebhafte Diskussion in Buchholz über Arbeit, Leistung und Lebensqualität
Buchholz in der Nordheide. Die Stühle in der Galerie Sinnfall waren am Montagabend gut gefüllt, als der SPD-Ortsverein Buchholz zu seiner Diskussionsveranstaltung unter dem Titel „Gute Arbeit – gutes Leben, oder sind wir alle zu faul?“ einlud. Schon beim Eintreffen der Gäste war zu spüren: Hier geht es nicht um eine trockene Podiumsdiskussion, sondern um ein Thema, das viele Menschen direkt betrifft. Viele Interessierte waren gekommen – Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Gewerkschafter, Studierende, Rentnerinnen und Rentner. Sie alle wollten mitreden, zuhören und ihre Sicht auf die moderne Arbeitswelt einbringen.
Ein Abend voller Anregungen und ehrlicher Gespräche
Mariella Grundwald, neuestes Mitglied des SPD-Ortsvereins Buchholz, eröffnete den Abend mit einer kurzen, aber eindringlichen Begrüßung. „Arbeit ist mehr als Broterwerb – sie stiftet Sinn, Selbstwert und Gemeinschaft“, sagte sie. Diese Worte setzten den Ton für die kommenden zwei Stunden: Es ging nicht nur um Löhne und Leistung, sondern um die Frage, wie wir in Zukunft leben und arbeiten wollen.
Die eingeladenen Gäste – Maximilian Schmidt, Geschäftsführer von Arbeit und Leben Niedersachsen/Sachsen-Anhalt, und Hedi Tounsi, Betriebsratsvorsitzender bei Amazon Winsen (Luhe) – sorgten von Beginn an für eine lebendige und zugleich tiefgehende Diskussion. Beide sprachen offen über die Chancen und Herausforderungen der modernen Arbeitswelt.
Schmidt betonte, wie sehr Digitalisierung, Globalisierung und neue Arbeitsformen das Leben vieler Menschen verändern. „Wir erleben eine Umbruchphase, in der Technik vieles erleichtert, aber auch Druck erzeugt“, erklärte er. Viele nickten zustimmend. Besonders die ständige Erreichbarkeit, Homeoffice und flexible Arbeitszeiten seien zweischneidige Entwicklungen: Sie böten Freiheit, aber auch das Risiko, nie wirklich abschalten zu können. Schmidt referierte viele spannende Zahlen zu unbezahlten Überstunden, Wochenarbeitsstunden, Produktivitätszahlen und erklärte, dass Deutschland mit Nichten zu wenig arbeiten würde.
Zwischen Flexibilität und Überforderung
Hedi Tounsi brachte mit seinen Erfahrungen aus dem Betriebsrat eine sehr konkrete Perspektive in die Runde. Er erzählte von den Arbeitsbedingungen bei Amazon, von Schichtarbeit, Zeitdruck und gleichzeitig vom Stolz vieler Beschäftigter auf ihre Leistung. „Die meisten wollen gar nicht weniger arbeiten“, sagte Tounsi, „sie wollen einfach fair behandelt und anständig bezahlt werden.“ Seine Worte trafen einen Nerv. Im Publikum wurde eifrig genickt und später auch nachgefragt – vor allem, wie sich
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer besser gegen übermäßigen Druck und Unsicherheit schützen können.
Eine Lehrerin aus Buchholz brachte es in der offenen Fragerunde auf den Punkt: „Es geht doch gar nicht um Faulheit, sondern darum, ob Arbeit uns krank macht oder erfüllt.“ Diese Aussage fasste zusammen, was viele dachten.
Digitalisierung, Arbeitsrecht und faire Bedingungen
Besonders spannend wurde es, als das Gespräch auf die Digitalisierung kam. Schmidt berichtete, dass viele Betriebe derzeit noch keine klaren Regeln für mobiles Arbeiten oder digitale Kontrolle hätten. „Da müssen Politik und Unternehmen nachziehen“, forderte er. Arbeitszeitgesetz, Datenschutz und Mitbestimmung müssten an die Realität angepasst werden.
Auch die juristische Seite kam nicht zu kurz. In einem informativen Abschnitt ging es um aktuelle Entwicklungen im Arbeitsrecht – etwa zum Recht auf Teilzeit, zu Ruhezeiten und zur Pflicht, Arbeitszeiten korrekt zu erfassen. Diese Themen stießen auf großes Interesse, denn viele im Saal arbeiten bereits in flexiblen oder digitalen Umgebungen und kennen die praktischen Probleme.
Lebensqualität als Leitmotiv
Neben der Arbeitswelt stand aber immer auch die Lebensqualität im Mittelpunkt. Steffi Menge, SPD-Fraktionsvorsitzende im Stadtrat, betonte in einem kurzen Statement, dass Politik sich stärker darum kümmern müsse, Arbeit und Privatleben in Balance zu halten. „Wir müssen dafür sorgen, dass Menschen Zeit für Familie, Ehrenamt und Erholung haben“, sagte sie. „Gute Arbeit heißt auch: genug Zeit zum Leben.“
Diese Aussage führte zu einer lebhaften Diskussion über die gesellschaftlichen Werte, die mit Arbeit verbunden sind. Mehrere Gäste berichteten, wie schwer es geworden sei, im Alltag zur Ruhe zu kommen. Ein älterer Teilnehmer erinnerte sich, dass früher feste Arbeitszeiten und klare Grenzen selbstverständlich gewesen seien. Heute dagegen verschwimmen Arbeit und Freizeit, besonders durch digitale Medien.
Tounsi und Schmidt waren sich einig: Arbeit darf nicht alles bestimmen. Lebensqualität, soziale Sicherheit und gerechte Entlohnung müssten wieder stärker in den Mittelpunkt rücken.
Von der Frage „Sind wir alle zu faul?“ zur Erkenntnis: Wir leisten viel
Der bewusst provokante Titel der Veranstaltung – „Sind wir alle zu faul?“ – entpuppte sich im Verlauf des Abends als geschickter Türöffner für tiefere Gespräche. Schnell wurde deutlich, dass Faulheit kaum jemandem im Raum zuzuschreiben war. Im Gegenteil: Viele berichteten von wachsender Belastung, von Mehrarbeit, von ständiger Erreichbarkeit und von dem Gefühl, trotz aller Anstrengung nicht genug leisten zu können.
Maximilian Schmidt fasste es treffend zusammen: „Das Problem ist nicht, dass die Menschen zu wenig leisten. Das Problem ist, dass Leistung oft zu wenig anerkannt wird.“ Dieser Satz löste spontanen Applaus aus.
Auch SPD-Pressesprecher Michael Gerke griff den Gedanken auf. Er erinnerte daran, dass die Diskussion nicht spalten, sondern verbinden solle: „Wir wollen zeigen, dass es nicht um Faulheit geht, sondern um faire Chancen und Respekt für alle, die arbeiten.“
Ein offenes Format, das ankommt
Besonders positiv fiel auf, wie offen und respektvoll die Diskussion geführt wurde. Niemand dominierte das Gespräch, und selbst kontroverse Meinungen wurden ruhig und sachlich ausgetauscht. Viele Teilnehmende lobten im Anschluss die Atmosphäre – engagiert, aber freundlich, informativ und nah an der Lebensrealität der Menschen.
Das Format, so war zu hören, solle künftig häufiger angeboten werden. „Wir haben gesehen, wie groß das Interesse ist, über Arbeit zu sprechen – aber eben nicht nur als wirtschaftliches Thema, sondern als Teil des Lebens“, sagte Julian Werner, Vorsitzender SPD Buchholz, zum Abschluss.
Fazit: Ein gelungener Abend mit Zukunftsfragen
Am Ende des Abends war klar: Diese Veranstaltung hat einen Nerv getroffen. Sie zeigte, dass die Themen Arbeit, Leistung und Lebensqualität untrennbar miteinander verbunden sind – und dass es sich lohnt, darüber gemeinsam zu reden.
Die SPD Buchholz hatte mit der Wahl des Themas und der Mischung aus Expertinnen, Praktikern und Bürgerinnen einen guten Ton getroffen. Die Gäste gingen mit vielen neuen Gedanken nach Hause: über gerechte Löhne, gesunde Arbeitszeiten, digitale Verantwortung und die Frage, wie Politik und Gesellschaft gemeinsam für faire Bedingungen sorgen können.
Ein Teilnehmer fasste es beim Hinausgehen so zusammen: „Ich habe heute mehr verstanden, warum sich so vieles verändert – und dass wir selbst mitreden müssen, wenn wir die Arbeitswelt besser machen wollen.“
So bleibt als Fazit ein Abend, der Mut machte – zum Mitdenken, Mitreden und Mitgestalten. Die Diskussion in der Galerie Sinnfall zeigte: Gute Arbeit ist keine Frage von Faulheit oder Fleiß, sondern von Respekt, Balance und gemeinsamer Verantwortung. Und genau das wurde an diesem Abend in Buchholz spürbar – engagiert, menschlich und voller Zuversicht.